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AutorenbildChristine Nöh

Sehnsuchtsorte


Eine gestillte Sehnsucht macht unglücklich,

weil wir wider Erwarten erfahren,

dass wir kein Stück glücklicher sind als zuvor.

Martin Knecht


Immer wieder entdeckt man im Internet Fotos von Orten die wunderschön sind und an denen wir am liebsten wären. Wenn ich die Schönheit eines traumhaften Sees oder einer ungewöhnlichen Landschaft sehe, dann stelle ich mir vor, wie es wäre in Ruhe und Frieden dort zu sitzen.


Gestern habe ich mal wieder gesehen, wie sehr der Eindruck täuschen kann. An einem bezaubernden Ort filmte der Fotograf zuerst die traumhafte Aussicht und dann drehte er sich um und filmte die unzähligen Menschen, die in einer Reihe anstanden um auch so ein idyllisches Bild der Einsamkeit in der Natur zu machen.


Das erinnerte mich an den Besuch des Kjerag Bolten vor vielen Jahren: dieser Stein, der zwischen Felswänden eingeklemmt über dem Abgrund schwebt. Natürlich habe ich ihn ganz ohne Menschen fotografiert. Die Ansammlung um diesen Felsen glich aber eher einem Jahrmarkt, als einer meditativen Einsamkeit.


Und man musste fast 3 Stunden einen anstrengenden Weg wandern, um überhaupt dorthin zu gelangen. Wäre dieses Motiv mit dem Auto zu erreichen, dann müsste man wahrscheinlich eine Verlosung machen, wie in amerikanischen Nationalparks, um den begehrten Platz zu besichtigen.


Oft denken wir, unsere Sehnsucht würde gestillt, wenn wir an einem bestimmten Ort wären oder mit bestimmten Menschen zusammen kämen. Aber das meiste was wir wirklich brauchen haben wir eigentlich schon in uns und um uns herum.


Ich saß heute morgen mit einer Tasse Kaffee gemütlich auf unserem Sofa, in der warmen Wohnung und mit Blick in meine schöne Küche. Da wurde mir bewusst, dass es unzählige Menschen gibt, die jederzeit sofort mit mir tauschen würde, wenn sie das bekämen, was ich als selbstverständlich betrachte.


Natürlich reise ich auch gerne an schöne Orte, aber die Antwort auf unsere Sehnsucht werden wir dort nicht finden, weil wir immer uns selbst mitnehmen. Wenn wir die Antwort aber in uns gefunden haben, dann ist es eigentlich fast egal wo wir sind, denn dann können wir überall glücklich sein.


Letztendlich kommt es mehr darauf an, wer wir sind, als wo wir sind.




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