Vergebung befreit die Seele
vom Leiden an der Schuld des anderen.
Helga Schäferling
Was gibt es besseres für einen Menschen, als wenn er im Frieden mit anderen Menschen leben kann. Es gibt keine größere Freiheit. Wir machen uns oft gar nicht bewusst, wie sehr wir uns selbst schaden, wenn wir anderen nicht vergeben können. Wir denken, das Vergeben tut man für den anderen, dabei ist es vor allem für uns selbst.
So lange ich einem anderen nicht vergebe, trage ich ihm etwas nach. Wer hat dann die Last? Ich selbst bin es die trage. Im Englischen sagt man dazu: to hold a grudge. Das heisst, ich halte einen Groll über den anderen fest. Der Groll rumort aber nicht im Leben des anderen, sondern in meinem Innern.
Vergeben macht frei. Und die größte Freiheit habe ich, wenn ich allen anderen begegnen kann, ohne dass sich in mir alles zusammen zieht. Es ist auch keine Schwäche, wenn wir anderen vergeben können, sondern Stärke. Ich muss auch nicht sagen, dass das was der andere gemacht hat, nicht schlimm war. Ich erkenne sehr genau, die Verletzungen, die ich habe und ich muss den anderen auch nicht zu meinem besten Freund machen.
Es ist eher wie das Schiff, das mit einem Seil festgebunden ist an dem anderen, weil man immer noch Groll hegt. Wenn ich das Seil losmache, dann habe ich frei Fahrt. Und dann kann ich hinfahren wo ich will und dem anderen auf offenem Meer begegnen, ohne dass es mich wieder runter zieht.
Man hört ja oft den Spruch, "vergeben ja, aber vergessen kann ich das nicht". Und ich denke, dass ich mir auch erlauben muss zu vergessen. Zweimal hab ich in den letzten Monaten anderen von einer Situation erzählt, in der mich ein anderer Mensch sehr verletzt hat. Die Gefühle kamen wieder hoch.
Ich habe mich dann gefragt, warum ich das gemacht habe: Damit ich erzählen kann, wie schlimm ich behandelt wurde und damit ich Mitleid kriege. Damit ich gut dastehe und der andere in einem schlechten Licht ganz übel aussieht. Wenn ich etwas nicht vergessen kann, dann wahrscheinlich weil ich es nicht vergessen will.
Eigentlich hatte ich vergeben, aber eben nicht vergessen. Da wurde mir bewusst, dass es noch besser ist auch zu vergessen. Die alten Geschichten nicht mehr rauszukramen, sie nicht mehr aufzuwärmen ist doch auch viel besser für mich selbst. Ich möchte den Groll auch nicht mehr als kleinen Grollino in mir rumschleppen, sondern ganz davon frei sein.
Das geht natürlich nicht einfach so, aber ich kann es trainieren. Und immer wenn Grollino auftaucht und vor mir rumtanzt, dann schicke ich ihn raus auf die Strasse zum Spielen. Ich möchte befreit und in Frieden mit allen anderen leben und ich selbst bin derjenige, der mich vielleicht daran hindert.
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