Im Garten der Hoffnung gibt es keinen Winter.
Sprichwort aus Russland
Haben die Bäume auf den Kalender geguckt und gemerkt es ist September? Die Blätter werden bunt und ein leichtes Orange liegt über dem Wald.
Manchmal wünsche ich mir, ich wäre wie so ein Baum, der allen Stürmen standhält und im Herbst einfach loslässt, was er sowieso nicht halten kann. Aber so ein Baum ist auch nicht "dumm", denn er holt sich ja all das Chlorophyll aus seinen Blättern, bevor sie vom Baum getrennt zu Boden sinken. Und auch dort nützen die Blätter noch dem Baum, denn sie bilden die Nährstoffe, aus dem im nächsten Frühling neue Blätter, Triebe, Blüten und Früchte gebildet werden können.
Vielleicht ist es das, was ich von den Bäumen lernen kann, dass das Loslassen kein völliger Verzicht ist. Dass es auch nicht immer eine Entscheidung braucht zwischen alles oder nichts, sondern dass man durchaus ein Teil behalten kann und den anderen loslässt. So kann ich die schönen Erinnerung aus der Vergangenheit behalten und bewahren und die schmerzlichen Loslassen. Und so wie wir denken, dass das Chlorophyll und das Blatt vereint sind und fest zusammen gehören, denken wir oft, dass die guten und schwierigen Erinnerungen fest miteinander verknüpft sind.
Aber es ist tatsächlich möglich, das gute aus den Erinnerungen herauszusaugen und die Enttäuschungen und Verletzungen loszulassen. Und das wichtigste ist dabei, daran zu glauben, dass es möglich ist. Denn wenn ich mir ein grünes Blatt ansehe, dann könnte ich auch denken, "wie soll ein Baum das denn schaffen, dass er das sortiert und wie soll er denn das grün aus den Blätter kriegen?" Der Baum weiß aber nichts davon, dass es so schwierig ist, und macht es einfach.
Wenn ich meiner Seele sage, sie soll das Gute bewahren und das was mich belastet loslassen, vielleicht kann sie es ja viel besser, als ich ihr zutraue. Oft halten wir ja bewusst an Verletzungen fest, weil sie uns immer das Recht geben, weiter auf jemanden sauer zu sein. Dann ist der andere daran schuld, dass es mir so schlecht geht.
Aber wir müssen loslassen, denn nur dann kann man den Winter überleben. Ein Laubbaum, die im Herbst die Blätter nicht loslässt, erfriert im Winter. Das allerbeste am Loslassen ist jedoch, dass es den Boden bildet, auf dem etwas Neues wachsen kann. Wäre es nicht wunderbar, wenn aus meinem Ärger, Groll, meinen Enttäuschungen und Verletzungen der Dünger wird für einen neuen Frühling?
Ich muss dann auch keine Angst vor der Kälte des Winters haben, denn ich habe in meinem Inneren, das Chlorophyll der guten Erinnerungen gespeichert und bewahre sie für einen Neuanfang.
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