Verbittert
- Christine Nöh
- 9. Mai 2021
- 2 Min. Lesezeit

Als ich aus der Zelle durch die Tür in Richtung Freiheit ging,
wusste ich, dass ich meine Verbitterung und meinen Hass zurücklassen musste,
oder ich würde mein Leben lang gefangen bleiben.
Nelson Mandela
Da ich ja neulich über meine Kindheit nachdachte, erinnerte ich mich an eine Nachbarin, die schräg bei uns über der Straße wohnte. Eigentlich war es ein Ehepaar, aber was gemacht wurde bestimmte die Frau. Diese Frau hasste Kinder und diese beiden hätte sehr gut in ein Buch von Roald Dahl gepasst, denn sie waren das wunderbare Abbild von bösen Nachbarn.
Wenn wir Kinder auf der Straße spielten, kam es nicht selten vor, dass das Fenster aufging und wir wild beschimpft wurden. Die beste Geschichte war jedoch, als der Mann angetrieben von seiner Frau mit einer Axt aus dem Haus stürmte, meinem Bruder den Ball abnahm und diesen mit der Axt kaputt hauen wollte. Da unsere Straße an einem Hang lag, rollte der Ball weg und der Mann haute daneben.
In einem Film hätte die Szene nicht besser sein können. Heute habe ich das erste Mal darüber nachgedacht, warum diese beiden, vor allem die Frau, Kinder so sehr hassten. Die beiden waren kinderlos und hatten sich früher Kinder gewünscht. Ich vermute, dass die Frau über ihr fehlendes Familienglück so bitter geworden war, dass sie alle anderen hasste, die Kinder hatten und besonders die Kinder selbst.
Es war mit Sicherheit zur damaligen Zeit auch nicht einfach, mit solch einer Situation klar zu kommen, aber sie hätte sich ja auch ganz anders entscheiden können. Wie anders wäre ihr Leben verlaufen, wenn sie beschlossen hätte nur alle anderen Kinder zu lieben und ihnen Gutes zu tun. Sie hätte dadurch so viel Freude in ihr Leben gebracht, wenn wir auf sie zu gelaufen, statt von ihr wegzulaufen wären.
Meine Mama war sehr freundlich und versuchte immer wieder die harte Schale der Bitterkeit zu durchbrechen. Sie brachte ihr Kuchen, wenn wir Sonntags Kuchen hatte, oder einen Strauß Blumen zum Geburtstag. Verändert hat sie damit leider nichts. Manchmal schicke meine Mama mich mit dem Teller Kuchen und ich hatte mich gefürchtet, ob ich denn lebend wieder aus dem Haus käme, aber es hat zum Glück geklappt.... warum meine Mutter das damals gemacht hat, verstehe ich erst heute.
Im Leben bekommen wir oft nicht das, was wir uns wünschen. Wenn wir davon aber bitter werden, dann verbauen wir uns selbst das Glück, das vielleicht in ganz anderen Form auf uns wartet. Ja, das Leben und andere Menschen sind oft ungerecht. Wie wir damit umgehen, entscheiden aber immer wir selbst. Ich hoffe, dass ich immer mein Herz davor bewahren kann, bitter zu werden.
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