Ernst Ferstl
Nachmittags dürfen unsere Hühner im gesamten Garten rumlaufen und damit sie nicht auf die Strasse laufen, machen wir das Tor unsere Einfahrt zu, das normalerweise offen steht. Gestern Nachmittag kam eine Mutter mit ihren beiden kleinen Kindern vorbei, die sich immer mal wieder die Hühner ansehen. Die Kinder rannten voraus, machten das Tor auf um nach den Hühnern zu suchen. Die Mutter jedoch rief sie zurück und machte schnell das Tor wieder zu, denn die Mutter weiss, dass man so etwas nicht macht. Man geht nicht durch ein geschlossenes Tor auf das Grundstück von anderen Leuten.
Die Kinder wussten das noch nicht und sie haben sich nicht davon abhalten lassen. Interessanter Weise, hatten in diesem Fall die Kinder recht. Denn das Tor war nicht zu, um die Menschen draussen zu halten, sondern die Hühner drin. Und meinetwegen hätten die Kinder gerne die Hühner besuchen können. Die Grenze war eigentlich eine Grenze für die Hühner und nicht für die Menschen.
In meiner Kindheit habe ich sehr oft den Satz gehört: "Das macht man nicht!" Dadurch kann man viele Grenzen lernen, ohne vielleicht darüber nachzudenken, ob diese denn überhaupt richtig sind. Es ist durchaus möglich, dass manche Grenzen gar nicht für mich gedacht waren, sondern für jemand anders. Nur weil etwas immer schon so war, muss es nicht auch für mich gelten.
Möglicherweise mache ich mir selbst aber die meisten Zäune in meinem Kopf, weil ich denke, das kann ich nicht und wenn dann der zweite Satz dazu kommt: "so bin ich eben", dann habe ich diesen Zaun für mich selbst für immer festgelegt. Vielleicht kann ich ja viel mehr, als ich mir immer zutraue und das grüne Gras auf der anderen Seite wächst auch für mich....
Vielleicht kann ich ja ein Tor zu einem neuen Gebiet aufmachen, reingehen und testen, ob denn tatsächlich etwas schlimmes passiert, oder ob mich einfach nur ein paar gackernde Hühner begrüssen.
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