Wenn jemand zu uns kommt und uns erzählt, auf dem Mond wachsen Erdbeeren, beginnen wir sofort, ihn davon zu überzeugen, daß dies doch nicht möglich sei, anstatt uns zu fragen, warum ihm solch absonderliches einfiele, unsere Aufmerksamkeit zu erlangen.
Sigmund Freud
Die Kirschblüten in Siegen sind wieder am Blühen und haben sofort meine Aufmerksamkeit. Noch sind die meisten Knospen geschlossen, aber schon kann man die Pracht der Bäume erahnen, die mit ihrem rosa Schimmer die Welt erstrahlen lassen.
Sie mussten nicht laut rufen, oder mit ungezählten Nachrichten auf sich aufmerksam machen. Mit nur einer leisen Nachricht: "Sie sind erblüht!" haben sie mich auf den Weg gebracht, um sie zu bestaunen.
Mir erscheint das solch ein großer Kontrast zu allem was man sonst so sieht und erlebt. So viele Menschen scheinen regelrecht in die Welt zu Schreien: "Schau, was ich mache und sieh wie toll mein Leben ist." Manchmal ist es mir richtig anstrengend, wenn ich sehe, wie sehr sich manche abstrampeln um ein paar likes im digitalen Kosmos zu erhalten.
Es wird mehr darin investiert ein tolles Leben zu zeigen, als dass tatsächlich gelebt wird. Ich kann noch nicht einmal sagen, wie sich die Internet Auftritte unterscheiden, warum es mir bei manchen Menschen gefällt, dass sie etwas von sich erzählen und ich bei anderen empfinde, dass sie sich mir aufdrängen.
Ich folge manchen online, die mich wirklich damit begeistern, was sie machen. Manche sind künstlerisch unterwegs, andere machen wunderschöne Fotos und ich freue mich immer etwas von ihnen zu sehen. Bei anderen Accounts ist es für mich so, als würden die Blüten am Kirschbaum schreien: "Hier, ich bin so toll, fotografiere mich, ich bin viel schöner als die anderen."
Vielleicht ist es auch einfach eine Frage der Sympathie und andere mögen genau das, was mich nervt. Das kann sehr gut sein. Ich bin jedenfalls froh, dass die Natur um mich herum nicht dauernd darum bemüht ist meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Und genau deshalb kriegt sie diese.
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